Sie wohnen oder haben Ihren Betrieb an einer älteren Ortsstraße – und diese soll nun plötzlich „erstmalig endgültig hergestellt“ werden?

Alle Gemeinden in Baden-Württemberg sind gemäß dem Kommunalabgabengesetz (KAG) zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen verpflichtet, wenn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Informieren Sie sich sachlich bei der Gemeindeverwaltung, welche Maßnahmen geplant sind und welche Kosten auf Sie zukommen. Sollte die Gemeinde nicht auskunftsbereit sein, verweisen Sie auf Ihre Rechte aus dem Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG). Es hilft Ihnen beim Zugang zu amtlichen Informationen.

Landesinformationsfreiheitsgesetz (LIFG)

Für Bürgerinnen und Bürger galten in der Vergangenheit nur beschränkte Informationsrechte gegenüber der öffentlichen Verwaltung. Und noch immer ist nur einer Minderheit der Bürgerinnen und Bürger bewusst, dass das seit 2016 mit der Einführung des LIFG nicht mehr zutrifft. Dieses Gesetz eröffnet Ihnen nicht nur weitgehende Informationsmöglichkeiten, sondern gewährt auch einen konkreten Rechtsanspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen, z. B. zu gemeindlichen Aktenbeständen!

Deshalb sind Gemeinden verpflichtet, Ihnen auf Ihren Antrag amtliche Informationen und Auskünfte unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb eines Monats nach Antragstellung zugänglich zu machen!

Darüber hinaus haben Sie auch Anspruch auf Ausdrucke oder Kopien.
Allerdings können Ihnen für Kopien und kompliziertere Auskünfte als Ausgleich für den Aufwand Verwaltungsgebühren berechnet werden.  Deren Höhe darf jedoch nicht zur Abschreckung vor einer Antragstellung führen. Zumindest müssen die Behörden bei Kosten ab 200 Euro die Antragsteller vorab darüber informieren und nachfragen, ob diese den Informationszugang trotz der zu erwartenden Kosten weiterverfolgen möchten.
Jegliches Betteln um Information ist jedenfalls absolut unangebracht! Treten Sie daher selbstbewusst auf und lassen Sie sich auf keinen Fall z. B. wegen angeblichen Zeitmangels abwimmeln, schon gar nicht mit der allseits beliebten, aber unzulässigen Pauschal-Ausrede Datenschutz!
Was datengeschützt sein kann, definiert vielmehr – insoweit im Zweifel auch abschließend – ebenfalls das LIFG.

Und was viele Kommunen und andere Behörden noch nicht realisiert haben bzw. oft nicht realisieren wollen, ist die mit Erlass des LIFG eingetretene grundlegende Abkehr von der seit Jahrhunderten eingeübten AMTSVERSCHWIEGENHEIT hin zur AMTSTRANSPARENZ:

Hierzu für jeden Staatsbürger absolut lesenswert ist der
1. Informationsfreiheits-Tätigkeitsbericht 2016-2017 des  Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, abgedruckt in der Landtags-Drucksache 16/3600 vom 21.02.2018.

Dort führt der Landesbeauftragte Dr. Stefan Brink auf S. 10 wörtlich aus:

»Damit [d. h. mit den Informationsfreiheitsgesetzen] ist im deutschen Verwaltungsrecht ein wahrhafter Systemwechsel vollzogen worden:
Der umfassende und voraussetzungslose Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen bei öffentlichen Stellen ist ein bewusster Abschied vom bisherigen Grundsatz der Amtsverschwiegenheit

Für alle Verwaltungsbehörden gibt es also ganz generell kein „Weiter so wie bisher“ mehr! Und der Einwand „keine Zeit“ verfängt auch nicht mehr, denn die Auskunftserteilung wurde durch die Informationsfreiheitsgesetze zur regulären, mit allen anderen Verwaltungsaufgaben gleichrangigen Aufgabe hochgestuft! Der Landesbeauftragte dazu auf S. 30:

»Einen wie auch immer gearteten Vorrang der „bisherigen“, „üblichen“ oder „eigentlichen“ Sachaufgaben der Behörden gibt es nicht. Ob Aufgaben vorrangig sind, ergibt sich also aus dem Gesetz – und nicht aus dem behördlichen Selbstverständnis.«

Prüfen Sie folgende Phasen im Voraus:

  1. Bei einer „Historischen Straße“ (in Baden vor 1868, in Württemberg vor 1873)
    • Akteneinsicht bei der Stadtverwaltung durchführen
    • Sichtung alter Lagepläne zur Erforschung der städtebaulichen Entwicklung
  2. Bei einer sogenannten „Vorhandenen Straße“ (zwischen 1868 bzw. 1873 und 29.06.1961)
    • Welche technische Ausstattung war bis 29.06.1961 schon vorhanden?
    • Gab es schon einen Bebauungsplan oder alte Ortsbaupläne seit 1868/1873?
  3. Bei einer jüngeren Straße
    • Sind schon einmal größere Ausbaumaßnahmen erfolgt und Beiträge erhoben worden?
    • Hat sich die Stadt-/ Gemeindeverwaltung in der Vergangenheit jemals zu einer ausstehenden erstmaligen endgültigen Herstellung geäußert?

Sie haben schon eine Zahlungsaufforderung erhalten?

Im Falle eines Erschließungsbeitragsbescheids oder Vorauszahlungsbescheids empfiehlt sich:

  • Sachliche Prüfung des Beitragsbescheids
  • Wenn Sie förmlichen Widerspruch einlegen wollen:
    Unbedingt Monatsfrist beachten, siehe Rechtsbehelfsbelehrung im Beitragsbescheid (Zustellungs-Briefumschlag aufbewahren!)
  • Bei Widerspruchseinlegung:
    Nur ein qualifizierter anwaltlicher Sach- und Rechtsvortrag ist zielführend.
    Die extrem komplizierte Materie eignet sich nicht für „juristische Heimwerker“.
  • Wird kein Widerspruch eingelegt oder die Frist versäumt:
    Die Zahlungspflicht ist endgültig, d.h. Sie haben den Bescheid anerkannt und können nichts mehr dagegen unternehmen!
  • Halten Sie sich in jedem Fall an die gesetzte Zahlungsfrist, auch bei erfolgtem Widerspruch.
    Die Einlegung des Widerspruchs verschafft Ihnen keinen Zahlungsaufschub!